Im Idealfall ist die Einrichtung eines Hotels nicht nur schön, sondern auch langlebig und einfach zu reinigen. Doch welche Materialien altern gut und welche nicht?
Das ist Fakt: In einem Hotel sind Möbel und Oberflächen täglich einer hohen Beanspruchung ausgesetzt – durch Gäste, Personal oder Umwelteinflüsse. Gleichzeitig sind Investitionskosten für Renovierungen im Regelfall hoch. „Daher ist es essenziell, Materialien und Designs so zu wählen, dass sie dieser Belastung standhalten und ihre ästhetische Qualität über Jahre bewahren“, unterstreicht Innenarchitektin Yvonne Meindl-Cavar von Meindl Cavar Concepts.
Auch das Team von Voglauer Hotel Concept betont: „Die Haltbarkeit der Produkte muss mindestens für den geplanten Renovierungszyklus ausgelegt sein, besser deutlich darüber hinaus.“ Dabei sei Expertise gefragt: „Als Hotelausstatter und Generalunternehmen für Innenausbau prüfen wir zunächst, ob die konkreten Wünsche beziehungsweise Vorgaben von Hoteliers oder teilweise auch Architekten gewerbetauglich sind. Falls nicht, arbeiten wir Pläne adäquat um, damit sie die genannten Aspekte, aber insbesondere die Normgerechtigkeit erfüllen; das ist unter anderem mit Blick auf den Brandschutz elementar.“

Pflegeleichtigkeit gewinnt an Relevanz
Beim Unternehmen Appia Contract bringt man die Kriterien – beständige Qualität und einfache Pflege – auf den Punkt: „Langlebigkeit gewährleistet eine längere Nutzungsdauer und somit einen höheren Return on Investment. Pflegeleichtigkeit entlastet das Housekeeping bei der Arbeit, die Zeitersparnis wiederum geht mit einer Kostensenkung für den Hotelier einher.“
Wichtige Faktoren also, die laut Merle Neumann, Innenarchitektin bei Bachhuber Contract, „in den vergangenen Jahren immer stärker gefragt sind, da Budgets und Zeit zunehmend knapper werden. Wir versuchen daher schon beim Entwurf eines Designs, schlecht zugängliche Ecken zu vermeiden oder planen mit abziehbaren und waschbaren Polstern.“ Appia Contract äußert sich ähnlich: „Pflegeleichtigkeit hat in den vergangenen Jahren nochmals an Relevanz gewonnen – Stichwort Corona. Hygienische Oberflächen sind gewünscht, die schnell und leicht zu reinigen sind.“
Ein Aspekt, den man differenziert sehen muss. „Bei Hotelketten und Häusern mit vielen Zimmern wird meist mehr Fokus auf Effizienz in der Reinigung gelegt“, beobachtet das Appia-Team. Andererseits stellt Dirk Borchering, CEO des Studio Aisslinger, fest: „Wurden die Begriffe langlebig und pflegeleicht früher oft in einem Atemzug genannt, so wird pflegeleicht heute bei vielen führenden Hospitality-Konzepten aus den Briefings gestrichen. Natürlich bleibt dieses Thema relevant, doch durch die zunehmende Individualisierung des Designs treten andere Prioritäten in den Vordergrund.“ Das John & Will Silo-Hotel in Bremen ist dafür ein gutes Beispiel. Hier sind die Zimmer rund. In den Bädern nehmen kleine runde Fliesen dieses gestalterische Detail auf. „Sie sind mit ihren vielen Fugen natürlich aufwendiger im Housekeeping, aber das war es uns wert“, so Hoteldirektorin Babette Kierchhoff.
Kompromisse eingehen
Yvonne Meindl-Cavar berichtet Ähnliches von einem Boutiquehotel: „Hier entschieden wir uns für Altbausockelleisten, da diese perfekt zum Stil des Hauses passten. Der Betreiber war bereit, den zusätzlichen Reinigungsaufwand in Kauf zu nehmen.“
Auch Maik Drewitz, Shop Consult Director bei Umdasch The Store Makers in Duisburg, bemerkt: „Gerade in einer Zeit, in der Instagrammability und Individualität im Fokus stehen, sind Hoteliers bereit, Kompromisse bei der Pflegeleichtigkeit einzugehen. Die Ansprüche der Gäste an das Erscheinungsbild von Hotels sind hoch, schließlich bezahlen sie letztlich dafür. Räume sollten begeistern und im Gedächtnis bleiben – auch wenn das mehr Pflege erfordert. Design, das Geschichten erzählt und Emotionen weckt, ist in der Hotellerie wichtiger denn je.“ Dabei gehe es nicht mehr nur darum, wie widerstandsfähig ein Material sei, sondern darum, wie es zur Gesamtatmosphäre beitrage.
Dirk Borchering von Studio Aisslinger empfiehlt folgende Vorgehensweise: Zunächst sollte eine starke Identität entwickelt werden. Im Idealfall schließen sich gutes Design und Langlebigkeit dann nicht aus. „Zumal es in den vergangenen Jahren viele spannende Produktentwicklungen gegeben hat“, berichtet Franz Kirchmayr von Kirchmayr Planung aus Pfarrwerfen und verweist exemplarisch auf ein von seinem Büro geplantes Projekt im Hotel Fischerwirt in Faistenau. Die Fassade der neuen Lodge wurde mit vorverbranntem „Kebony“-Holz gestaltet. Das sogenannte Shou-Sugi-Ban-Verfahren konserviert Holzoberflächen und verleiht ihnen so einen natürlichen Brandschutz. Die patentierte „Kebony“-Technologie macht nachhaltige Weichhölzer mittels einer biologischen Flüssigkeit widerstandsfähiger gegen Witterungseinflüsse. Damit wird zugleich deutlich, dass der Aspekt „langlebig“ auch vor dem Hintergrund von Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz an Bedeutung gewinnt.
Öfter mal was Neues
„Gleichzeitig sollte das Interior eines Hotels nicht mehr für 20 Jahre unverändert bleiben. Designtrends und Gästeerwartungen verändern sich rasch“, weiß Maik Drewitz. Hier böten sich kreislauffähige Materialien an, die wiederverwendet werden, wenn der Zeitgeist eine neue Optik verlangt. Zudem könnten Möbel geleast oder Refurbished-Optionen gewählt werden, um Nachhaltigkeit und regelmäßige Veränderung in Einklang zu bringen.
Wie Franz Kirchmayr sieht auch Drewitz viel Innovation im Markt: „Vescom beispielsweise bietet mit dem Produkt ‚Meteor‘ leicht austauschbare ‚Xorel‘-Wandbekleidungen aus Polyethylen an, die zu 85 Prozent auf biobasiertem PE bestehen und Cradle-to-Cradle-zertifiziert sind. Sie sind schwer entflammbar, robust, leicht zu reinigen und emissionsarm.“ Zum Angebot zählten auch Wandverkleidungen, die auf natürlichen Rohstoffen wie Baumwolle, Leinen oder Holzfasern basieren.
„Wir arbeiten vorrangig mit Materialien, die gut altern und leichte Beschädigungen verzeihen.“
Dirk Borchering, CEO, Studio Aisslinger
Bei Fußböden gibt es laut Drewitz ebenfalls viele Möglichkeiten, die Nachhaltigkeit und Langlebigkeit verbinden: zum Beispiel PVC-freie, emissionsarme Bioböden auf Pflanzenölbasis, wie „Pureline“ von Wineo. Weitere Optionen bieten Spachtelböden auf Biopolymerbasis, die rückbau- und recyclingfähig sind, zum Beispiel „Duracem“ von Walk on Green oder zementfreier Terrazzo von der Firma Via. „Neolith“ heißen ressourcenschonende großformatige Platten, die dünn, gesintert und in vielen Steinoptiken verfügbar sind – einsetzbar für Böden, Wände, Arbeitsplatten, Fassaden und Möbel. Da die Oberfläche im Gegensatz zu Echtstein nicht porös ist, sei sie zudem sehr pflegeleicht.
Viele Imitate sind heute kaum noch von den echten Vorbildern zu unterscheiden. Und das ist gut so. Denn was nicht echt wirkt, empfindet Dirk Borchering mit Blick auf Design und Atmosphäre als kritisch. „Wir bei Studio Aisslinger arbeiten schon seit Jahren vorrangig mit Materialien wie Holz, Leder, Stein oder auch Beton, die im Lauf von Jahren gut altern und leichte Beschädigungen verzeihen. Im Restaurant Neni im 25hours Hotel Bikini Berlin beispielsweise ist ein Echtholzparkett verlegt, das über die Jahre viel gesehen hat und immer noch phantastisch im Raum wirkt.“
Yvonne Meindl-Cavar betont, wie wichtig „sorgfältige Auswahl und Planung“ sind: „Im Hotel Der Wilhelmshof haben wir großen Wert auf die Reduzierung der Reinigungsintensität gelegt – ohne optische Einbußen. So haben wir großformatige Fliesen eingesetzt, um die Anzahl der Fugen zu minimieren, sowie speziell imprägnierte Glaswände in den Duschen, um Wasserflecken zu vermeiden.“ Der Boden wurde auf ein pflegeleichteres Parkett umgestellt und die Anzahl der Lampen reduziert. Zudem wurden in den Zimmern Safe, Minibar und Kaffeebar zusammengeführt, um eine einfache Reinigung zu ermöglichen.
Deko bringt Abwechslung
Merle Neumann von Bachhuber Contract gibt weitere Tipps: „Bei Stoffen und Teppichen wählen wir gern eine leichte Struktur oder Marmorierung aus unterschiedlichen Farben, da kleinere Flecken nicht so schnell auffallen. Und wir achten bei allen Stoffen darauf, dass sie einen Martindale-Wert (Scheuertouren) von mindestens 40.000 aufweisen, also besonders robust sind.“ Zudem seien pulverbeschichtete Metallgestelle bei Sitzmöbeln langlebiger als Holzvarianten. Kofferbänke lassen sich zusätzlich mit Metallleisten schützen. „Und nach Fertigstellung unserer Projekte geben wir stets Empfehlungen an das Reinigungspersonal.“ Schließlich rät das Appia-Team, zeitloses Design für fest verbaute Elemente zu wählen und Abwechslung über loses Mobiliar und dekorative Elemente wie Vorhänge, Stühle oder Kissen ins Spiel zu bringen: „Diese lassen sich später schneller und kostengünstiger austauschen.“